Ist der HVV zu teuer?

Im ersten Moment werden viele denken: Ja, klar!

Andererseits müssen Fahrerinnen und Fahrer, Fahrzeuge, Treibstoff und ggf. die Infrastruktur bezahlt werden.

Nicht nur in Zeiten der Klimakrise spielt der Fahrpreis für Bus und Bahn eine wichtige Rolle, ob mehr Menschen den ÖPNV benutzen. Eine 365-€-Jahresfahrkarte ist schnell gefordert, aber für welchen Bereich soll sie gelten? Für eine Tarifzone, eine Stadt, ein Verbund oder bundesweit? Dahinter steckt die Frage, wie und wer dies finanzieren könnte. Aus meiner Sicht gibt es noch weitere Möglichkeiten, wie attraktive HVV-Fahrpreise gestaltet werden können. 

Ist der HVV zu teuer?
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Kurze Strecken günstiger machen

Der HVV-Tarif wird gebildet aus Tarifzonen (grundsätzlich für Zeitkarten) und Tarifringen (grundsätzlich für Einzelkarten). Bei den Einzelkarten gibt es in den Tarifringen AB die Besonderheit von Zahlgrenzen. Sind die Grundlage für Kurzstrecken- und Nahbereichsfahrkarten. Anders als die Tarifzonen und -ringe sind sie für die Fahrgäste nicht transparent. Zudem ist der HVV-Tarif auf manchen kurzen Strecken verhältnismäßig teuer. Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede beispielhaft auf:
 

 

Strecke

Länge

Einzelkarte

Abo-Karte

A

S Veddel – Harburg Rathaus

8,6 km

2,30 €

79,50 €

B

S Wilhelmsburg – Harburg Rathaus

6,0 km

1,70 €

56,90 €

C

S Neuwiedenthal – Harburg Rathaus

7,2 km

3,40 €

56,90 €

D

Rönneburg, An der Eiche – Harburg Rathaus

4,5 km

1,70 €

56,90 €

E

Eißendorf, Hainholzweg Mitte – Harburg Rathaus

4,5 km

2,30 €

56,90 €

F

Sinstorfer Kirchweg – Harburg Rathaus

5,0 km

2,30 €

56,90 €

G

Neuland Schule – Bahnhof Harburg

4,9 km

3,40 €

56,90 €

H

Neuenfelde, Hasselwerder Str. – Harburg Rathaus

17,8 km

3,40 €

79,50 €

I

Neuenfelde, Hasselwerder Str. – S Neugraben

8,9 km

3,40 €

56,90 €

J

Marmstorf Kirche – S Harburg Rathaus

2,9 km

2,30 €

56,90 €

S Harburg Rathaus – Marmstorf Kirche

1,70 €

K

S Holstenstraße – U Kellinghusenstraße
mit S+U-Bahn

5,2 km

 

1,70 €

56,90 €

mit Buslinie 25

2,30 €

 

Für annähend gleiche Strecken werden für Einzelkarten zwischen 1,70 und 3,40 € (siehe Beispiele B, D, E, F und G) verlangt. Es wird als ungerecht empfunden, dass man für 3,40 € durch die ganze Stadt fahren kann und den selben Fahrpreis bezahlen muss, um ins nächste Zentrum zu kommen. Sehr schwierig zu verstehen ist darüber hinaus, dass wenn zwischen Bussen umgestiegen werden muss eine Zahlgrenze berechnet wird. Das Beispiel Marmstorf – Harburg Rathaus (siehe Zeile J) verdeutlicht dies. Da es keine direkten Busverbindungen gibt, müssen die Fahrgäste am Bahnhof Harburg umsteigen, wenn sie nicht laufen wollen. Dafür müssen sie 2,30 € bezahlen. Die Rückfahrt wird direkt angeboten und kostet daher nur 1,70 €.

Da ein Umsteigen zwischen Schnellbahnlinie nicht als Zahlgrenze gilt, ist dies zwischen S Holstenstraße und U Kellinghusenstraße (siehe Beipiel K) günstiger (1,70 €) als die Direktfahrt mit dem Bus (2,30 €).

 

Zahlgrenzen abschaffen, Tarifzonen zählen

Die Abschaffung der Zahlgrenzen für die Kurzstrecken- und Nahbereichsfahrkarten und Ersatz der Fahrpreisermittlung durch die vorhandenen Tarifzonen schafft deutlich mehr Transparenz (siehe 1.). Dann kostet eine Einzelkarte in den HVV-Ringen AB (Preisstand 2020) für

  • eine Tarifzone 1,70 €,
  • zwei Tarifzonen 2,30 € sowie
  • drei und mehr Tarifzonen (= 1 bis 2 Tarifringe) 3,40 €. 

Tendenziell reduzieren sich auch die Fahrpreise und schaffen so Anreize auch auf den Kurzstrecken Bus, Bahn und Fähre zu nutzen. Es spielt dann auch keine Rolle, ob und wo mit welchem Verkehrsmittel umgestiegen wird. So müsste dann zwischen Neugraben und Harburg nur noch 2,30 € für eine Einzelfahrt bezahlt werden.

 

9-Uhr Tageskarten für Bezirk einführen

Für Versorgungsverkehre könnte die Einführung einer Bezirks-Tageskarte (siehe 2.) ein attraktives Angebot sein. In der Regel sind ab 9 Uhr die Fahrzeuge gerade in den Außenbereichen etwas weniger nachgefragt als in der morgendlichen Hauptverkehrszeit.

 

Zeitkarten für eine Tarif-Zone auch in Hamburg einführen

Ein weiterer Handlungsbedarf besteht bei kürzeren Strecken auch im Zeitkartenbereich. Auf kurzen Strecken lohnt sich selten eine Monats- bzw. Abokarte besonders im Vergleich zum Pkw. Eine Berufspendlerstrecke von z.B. 4,5 km kostet monatlich mit dem Pkw (0,30 €/km, 40 Fahrten pro Monat) 54,- €. Dies liegt unter dem Fahrpreis einer 2 Zonen-Abokarte (56,90 €), die in den Ringen AB zumindest gekauft werden muss. Mit der Einführung von 1 Zonen-Zeitkarten (siehe 3.), die in den HVV-Ringen CDEF vorhanden sind, auch in den Ringen AB können preislich etwas attraktivere Fahrkarte angeboten werden. So können neue Fahrgastpotenzial gewonnen werden, die gegenwärtig mit dem Pkw unterwegs sind.

 

24-Stunden Tageskarten einführen

Immer wieder gibt es Kritik an der gegenwärtigen Regelung für die Ganztageskarte. Sie gilt zurzeit ab Kauf bis zum nächsten Tag um 6:00 Uhr. Hier wäre eine Änderung analog zu den Zeitkarten, die auch nicht mehr z.B. monatsweise gelten, sinnvoll (siehe 4.)). Eine Reihe von Verkehrsverbünden (Rhein-Ruhr, Rhein-Sieg, Wien oder Zürich) bieten solche Tageskarten an.

 

Seniorenkarten besser staffeln
Bei den Seniorenkarten werden gegenwärtig innerhalb Hamburgs immer die Ringe AB verkauft. Vielen potenziellen Nutzerinnen und Nutzer, die in der Regel nur kürzere Strecken fahren, ist dies zu teuer. Daher wäre analog zu den übrigen Zeitkarten ein Angebot für 1, 2 und 3 Tarifzonen sinnvoll (siehe 5.)).

 

5 Vorschläge zum HVV-Tarif:
Die unten genannten Vorschläge könnten gegebenenfalls versuchsweise im Bezirk Harburg ausprobiert werden.

  1. Bei den Einzelkarten werden die gegenwärtig vorhandenen Zahlgrenzen abgeschafft und durch einen tarifzonengestützten Tarif für Kurzstrecke und Nahbereich ersetzt. Dabei soll Folgendes in den Ringen AB gelten:       
    1 Tarifzone = Kurzstrecke (gegenwärtig 1,70 €)   
    2 Tarifzonen = Nahbereich (gegenwärtig 2,30 €) 

     
  2. Die Einführung einer 9-Uhr-Tageskarte für den Bezirk Harburg auf folgendem Preisniveau:        
    4,50 € (Tarifstand 2020: 1 Erwachsene + 3 Kinder) und
    8,50 € (Gruppe bis 5 Personen).     
    Der Bezirk Harburg umfasst folgende Tarifzonen
    308 (Erweiterung und Überlappung um den Stadtteil Sinstorf),
    318 (Erweiterung und Überlappung um den Fischbeker Heidbrook),  
    309 und 409.  
     
  3. In den HVV-Ringen AB werden die in den Ringen CDEF vorhandenen 1 Zonen-Zeitkarten ebenfalls angeboten.
     
  4. Die gegenwärtige Ganztageskarte wird zu einer 24-Stunde-Fahrkarte umgewandelt. 
     
  5. Das Sortiment für Seniorenkarten wird über die unter 3. eingeforderte Ein-Zonen-Karte um Fahrkarten für 2 und 3 Tarifzonen erweitert.

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